Bevor ich mich an den Inhalt begebe, muss ich die Überschrift erklären: Es wird ein wenig philosophisch, fürchte ich.
“Die Reise” ist für mich ausdrucksstärker als “Der Weg”. Ersteres impliziert eine Vielzahl an möglichen Wegen, letzteres einen Weg. “Den” Weg. Die Art und Weise, wie ich mein Motiv fotografiere, was ja für mich eine Form künstlerischen Ausdrucks bedeutet, mag bei dem Betrachter etwas völlig anderes hervorrufen, als eigentlich meine Absicht war. Ist es deshalb ein gutes oder ein schlechtes Foto? Weder noch. Das hier ist ein Hobby. Ich werde für meine Fotos nicht bezahlt und niemand verknüpft Erwartungen an die Nachricht, die ich dem Betrachter meiner Bilder überbringe. Natürlich gibt es diverse Theorien, was ein “gutes” oder ein “schlechtes” Foto ausmacht. Trotzdem liegt Schönheit tatsächlich im Auge des Betrachters. Und welchen Anspruch ich hier habe, weiß ich vielleicht noch gar nicht. Ich befinde mich also tatsächlich auf einer Reise. Ich gehe einen Weg entlang, bei dem ich nicht weiß, wohin er mich führt. Es kann gut sein, dass es eine Sackgasse ist, dass ich wieder umdrehen muss und einen anderen Weg entlang schreiten werde. Ich habe auf jeden Fall Zeit, mir genau zu überlegen, welches das für mich passende Foto ist und ich kann eines aussuchen, das ich schön finde, das ich genau so richtig finde, wie es ist und das letztendlich seinen Platz auf Instagram, diesem Blog oder auf Facebook findet.
Der Grund für diesen Artikel besteht daher auch nicht darin, euch zu erklären, wie ihr die perfekten Bilder eures Essens aufnehmt, sondern soll vielmehr dokumentieren, was ich für mich in den letzten Tagen gelernt habe und euch einen Einblick geben, welche Gedanken ich verfolge, wenn ich einen Artikel schreibe.
Zunächst einmal überlege ich mir, was es wohl bei uns zu essen gibt. Seit ich den Blog schreibe, überlege ich mir, wie ich bestimmte Gerichte möglichst schnell und dennoch schmackhaft zubereiten kann. Ich überlege mir die Mengenangaben und denke darüber nach, wie ich das Rezept am besten formuliere. Mir ist bewusst, dass nicht alle Menschen so gerne kochen wie ich, deswegen habe ich in den letzten Tagen viel Wert auf schnelle und doch einigermaßen gesunde Gerichte gelegt.
Danach schreibe ich schon mal grob meine Gedanken zu dem jeweiligen Gericht oder Thema nieder, um dem Artikel einen roten Faden zu verleihen oder zumindest etwas zu haben, was ich hinterher wieder korrigieren und zusammen streichen kann. Etwas Vorhandenes ist schließlich viel einfacher zu korrigieren, als sich etwas neu überlegen zu müssen.
Anschließend bereite ich das Gericht zu und überlege mir währenddessen, wie ich es präsentieren und fotografieren möchte. Während dem Kochen gibt es immer mal wieder Wartezeiten, in denen ich alles soweit vorbereiten kann, um am Ende nur noch das Gericht in das Setting stellen zu können. Wenn ich zum Beispiel ein Rezept neu entwickele, kommt es gerne mal zu Komplikationen, wie bei dem Sauerteig-Desaster oder der gestrigen Orangen-Euphorie. Das sind aber meistens einfach nur netten Anekdoten, die ich noch in den Artikel einbauen kann.
Am Ende, und das ist für diesen Artikel heute eigentlich das Wichtigste, kommen schließlich die Fotos.
Anhand meines gestrigen Artikels zu den absolut göttlichen (ja. Eigenlob. Trotzdem. Göttlich!) Orangen-Ricotta-Schnecken rekonstruieren wir heute einfach mal den Aufbau des finalen Fotos, das für mich das schönste war.
Was heißt schön? Das Produkt soll im Vordergrund stehen, es sind Orangen-Ricotta-Schnecken, das heißt, dass sie die Frische und Leichtigkeit der Zitrusfrüchte vermitteln sollten. Für mich steht tatsächlich meistens im Rahmen dieses Blogs das Essen selbst im Vordergrund, das habe ich beim Betrachten meiner Bilder gesehen. Daher habe ich auch hier wieder bewusst auf Requisiten wie Geschirr und Besteck sowie Dekoelemente fast vollständig verzichtet.
Untergrund war meine gewohnte helle Tapete sowie eine weiße Tischdecke. Zunächst hatte ich statt der Tischdecke lediglich etwas Backpapier unter dem Gebäck, das ergab allerdings zu wenig Kontrast, weshalb ich diese Idee sofort verworfen habe.
Zunächst also die Schnecken ohne jegliche Verzierung oder Dekoration.
Auf meinem Monitor ist das Bild links etwas zu dunkel und es ist nicht deutlich, dass es sich um eine weiße Tischdecke handelt.
Das rechte Bild ist zwar in der Nachbearbeitung etwas überbelichtet, trotzdem strahlt es für mich schon mal mehr Frische und größere Appetitlichkeit aus, als das linke Bild. Gleichzeitlich habe ich den Farbton etwas mehr Richtung blau verschoben, damit das weiße Tischtuch auch tatsächlich weiß erscheint. Mir war bereits während der Aufnahme klar, dass dies nicht das endgültige Bild sein sollte, da ich das Gebäck so nicht servieren würde.
Also streute ich etwas Puderzucker darüber und nahm erneut ein Foto auf.
Auch hier gilt in Bezug auf Helligkeit und Farbton ähnliches wie auf den ersten Bildern. Zusätzlich erschien mir die Tatsache, dass lediglich zwei der Schnecken zu sehen war, als langweilig. Auch die quer verlaufenden Holzbalken der Tapete, die im Hintergrund zu sehen sind, empfand ich als störend. Der Perspektivwechsel war zwar nicht schlecht, für dieses Gebäck aber einfach nicht passend.
Diese Perspektive war für mich schonmal perfekt, da die Schnecke schön zu sehen war, die Anzahl drei weniger langweilig war, als die zwei sichtbaren Gebäckteilchen im Bild zuvor und auch die Struktur des Bildes, nämlich der angedeutete Balken sowie das leicht versetzte Tuch ein wenig Ablenkung für das Auge schafften. Dennoch fehlte mir etwas, da nicht sichtbar war, dass es sich um Orangen-Schneckchen handelte. Den Ricotta in der Füllung kann man ein wenig erkennen, dafür war auch das Weiß im Puderzucker hilfreich. Dennoch entschied ich mich dazu, noch etwas Orange Curd über die Schnecken zu träufeln.
Das war für mich das perfekte Bild. Saftigkeit vermittelt durch die leicht überlaufende Flüssigkeit, die an Orangensaft erinnert aber dennoch cremiger ist. Der Fokus in der Mitte sowie ein wenig Ablenkung für das Auge aufgrund der Struktur des Unter- und des Hintergrundes.
Normalerweise kleckere ich ungern, aber da samstags sowieso großer Waschtag ist, konnte ich es verschmerzen.
Natürlich hätte ich auch ein schönes Geschirr, filigrane Kuchengabeln im Jugendstil oder aufgeschnittene Orangen im Bild drapieren können. Bislang ist das jedoch noch nicht meine Art und es macht mir persönlich große Freude, einfach nur ein Bild mit leckerem Essen, ohne viele Requisiten drumherum anschauen zu können.
Ich bin gespannt auf eure Meinung!
Herzliche Grüße, Vimala
Ganz toll geschrieben, und das Endprodukt von Bild könnte nicht besser sein!
Vielen Dank! Von jemandem, der selbst so wunderbare Bilder macht, ist das für mich ein riesiges Kompliment!
Man muss sich mit seinen Bildern immer selbst wohlfühlen. Und da hat jeder so seine Vorlieben. Ich bin ja kein wirklicher Foodblogger, bei mir gibt es die Bilder bei Rezepten zu dokumentarischen Zwecken, die mache ich bewusst mit der Smartphone-Kamera, als Schnappschuss, der auch mal daneben gehen darf. Aufnahme in der Hektik der Herstellung. Für mich ist das okay.
Was Bilder grundsätzlich (ich kann ja auch “schön”) angeht: Ich mag es eh irgendwo abstrakt, minimalistisch und/oder dokumentarisch. Von daher sind mir deine Bilder sympathisch. Auch wenn ich den Blog vor Allem wegen der Kombination Essen + Geschichten schön finde. 🙂
Wahre Worte, ich mag es, wenn man sich bewusst dazu entscheidet, etwas auf eine bestimmte Art zu tun. Die Geschichten gehören für mich zum Beispiel zu einem Blog dazu, nur Rezeptesammlungen einzustellen wäre nicht meins. So kann ich immer noch ein bisschen was zur Entstehung oder aus dem Alltag drumherum erzählen 🙂
Schon lange bin ich voll Bewunderung für die Fotos der Blogger, die sich mit Leckereien beschäftigen. Dein Beitrag bestätigt meine Vermutung, dass es sehr viel Arbeit ist, ein schönes Foto zu erreichen, dass dann auch der eigenen Vorstellung entspricht.
Die Arbeit lohnt sich – es läuft mir nicht nur das Wasser im Mund zusammen, sondern ich finde das man sehr deutlich sieht, mit wie viel Liebe hier gestaltet wird und das es wirklich von Herzen kommt.
Wie schön! Mir war auch gar nicht klar, wie viele Aspekte es allein beim fotografieren gibt, die es zu berücksichtigen gilt. Aber das Dazulernen macht viel Freude. Vor allem, wenn man dann so schöne Komplimente bekommt. Danke dir 🙂